Lingener Tagespost, 14.06.2014
Autor: Thomas Pertz
SALZBERGEN. Einstimmig hat der Rat der Gemeinde Salzbergen am Donnerstagabend Willi Jansen zum Ehrenratsherrn ernannt. Der langjährige SPD-Fraktionsvorsitzende hatte am Mittwoch sein Ratsmandat abgegeben. Seinen Sitz im Rat übernimmt Klaus Gödde.
Der inzwischen pensionierte Polizeibeamte hatte dem Rat seit 1972 angehört. 1974 übernahm er den Fraktionsvorsitz, den er 40 Jahre lang innehatte. Jansen ist weiterhin Mitglied der SPDFraktion im emsländischen Kreistag. Diesem gehört der 67-Jährige seit seiner Gründung im Jahr 1977 an.
Bürgermeister Andreas Kaiser, der neue SPD-Fraktionsvorsitzende Detlev Walter und CDU-Fraktionsvorsitzender Alfred Vehring würdigten das jahrzehntelange politische Engagement Jansens in der Gemeinde. Er habe in Salzbergen Spuren hinterlassen, betonte Kaiser. Auch wenn der Sozialdemokrat nur selten eigene Mehrheiten im Rat habe organisieren können, habe er Mehrheitsentscheidungen durchaus zu beeinflussen gewusst. „Seine scharfzüngige Rhetorik war berühmt, zuweilen berüchtigt“, meinte Kaiser und verwies auf Gräben, die teilweise bis heute nicht überwunden seien. Nicht unerwähnt ließ er auch, dass Jansen als Kandidat bei der Bürgermeisterwahl 2004 seinem Gegenkandidaten – Kaiser selbst – deutlich unterlegen gewesen sei.
Der Bürgermeister würdigte die Fähigkeit Jansens, kontroverse Debatten wie die um die Müllverbrennungsanlage so zu kanalisieren, dass sie nicht zu einer Zersplitterung des Parteiensystems in Salzbergen geführt haben. „Diesen Einsatz über einen so langen Zeitraum von 42 Jahren kontinuierlich auszuüben, hat eine besondere Ehrung verdient“.
Der Slogan „Willy wählen“ habe ebenfalls gut zu Willi Jansen gepasst, verwies Fraktionsvorsitzender Detlev Walter auf Parallelen zwischen dem früheren SPDBundeskanzler und dem Salzbergener Sozialdemokraten. Der „rote Fuchs“ gehe jetzt von Bord, werde aber sicher weiter mit Rat und Tat zur Seite stehen. Walter dankte Hedwig Jansen, die sicher das eine oder andere Mal den kommunalpolitischen Einsatz ihres Mannes „verflucht“ habe. Ohne den Rückhalt in der Familie wäre ein politisches Engagement über diesen Zeitraum hinweg aber nicht möglich gewesen.
CDU-Fraktionsvorsitzender Alfred Vehring, der in der Vergangenheit häufiger mit Jansen die Klingen gekreuzt hatte, sprach von einer Ära, die zu Ende gehe. Vehring würdigte ebenfalls dessen Einsatz, auch wenn er dabei schon mal „übers Ziel hinausgeschossen“ sei.
Typisch für Jansen dann sein Schlusswort: „Danke dafür, dass Sie mich ertragen haben und ich etwas für die Gemeinde tun konnte“, schmunzelte er.
Zum Ehrenratsherrn der Gemeinde Salzbergen ist Willi Jansen (Mitte) ernannt worden. Links Bürgermeister Andreas Kaiser, rechts Ratsvorsitzender Franz-Josef Evers.
Foto: Thomas Pertz
Autor: Thomas Pertz
Ein verschmitztes Lächeln im Gesicht, aber mitunter beinhart in der Argumentation: Willi Jansen ist ein Typ in Salzbergen. Und als solcher wird der 67-jährige Sozialdemokrat dem Gemeinderat auch fehlen.
Ehrenamtlich engagierte Bürger vom Schlage Jansens machen unabhängig von der Farbe ihres Parteibuches beste Werbung für „die“ Politiker, die besser sind als ihr Ruf. Vor allem auf kommunaler Ebene, wo sie sich als Nachbarn für die Belange ihres Ortes einsetzen. Oft sind sie außerdem Blitzableiter für die Unzufriedenen, die selber aber nie kandidieren.
Jansen hat polarisiert in Salzbergen. Der SPD-Politiker hat eine rhetorisch stets geschärfte Klinge gekreuzt, insbesondere in der Debatte um den Bau der Müllverbrennungsanlage im Ort. Dass die SPD ihren Stimmenanteil in Spitzenzeiten auf deutlich über 30 Prozent ausbauen konnte, ist vor allem sein Verdienst. Oft genug hat er die CDU als Mehrheitsfraktion vor sich hergetrieben und sie immer wieder gezwungen, eigene Positionen neu zu überdenken oder zu schärfen. Dass diese trotz der politischen Scharmützel die Ernennung von Jansen zum Ehrenratsherrn einstimmig unterstützt hat, ist aber mehr als nur eine höfliche Pflichtübung. Sie ist Ausdruck der Wertschätzung für einen politischen Gegner, dem das Wohl seiner Heimatgemeinde auch weiterhin am Herzen liegt.
t.pertz@noz.de