Lingener Tagespost, 28.09.2016
Autor: Sven Lampe
Salzbergen. Die Hummeldorfer lassen nicht locker. Mit einer Petition an den Landtag in Hannover wollen die Anlieger der Landesstraße 39 ihrem Wunsch nach Tempo 70 und der Reaktivierung eines stillgelegten Radweges den Druck auf die Verantwortlichen erhöhen.
Mit der Petition an den Landtagspräsidenten wollen sich die Hummeldorfer Gehör in der Politik verschaffen. Bislang hatten sie sich ausschließlich an diverse Verwaltungsstellen gewandt und waren jeweils gescheitert. Ermunterung bringen könnte nun ein Satz in einem Informationsblatt des Präsidenten des Niedersächsischen Landtages, in dem es heißt: „Da auch die gewissenhafteste Behörde nicht unfehlbar ist, [...] ist das Petitionsrecht ein äußerst wichtiges Kontrollinstrument“.
Auf offenes Ohr gestoßen
Auf ein offenes Ohr für ihre Interessen gestoßen sind die Bewohner des Salzbergener Ortsteils zumindest einmal beim SPD-Landtagsangeordneten Gerd Will aus Nordhorn, der sich auf Einladung seiner örtlichen Parteikollegen Christian Otten und Detlev Walter vor Ort einen Eindruck von der Situation verschaffte.
Mehrfach gescheitert
Erst vor Kurzem war die Dorfgemeinschaft Hummeldorf mit ihrem seit Langem gehegten Wunsch zum wiederholten Mal am Negativ-Votum der Verkehrskommission des Landkreises Emsland gescheitert . Diese hatte ihr Urteil vor allem auf eine Statistik der Polizei gestützt, wonach auf dem Teilstück der L 39 zwischen dem an der Landesgrenze gelegenen Rheine und Salzbergen keine auffällige Unfallhäufigkeit zu erkennen sei. Konkrete Zahlen nannte die Polizei in Lingen auf Nachfrage unserer Redaktion nicht. Den Hummeldorfern selbst ist vor allem ein schwerer Verkehrsunfall mit fünf Verletzten im Jahr 2011 in Erinnerung. Darüber hinaus wussten die Anlieger dem Landtagsabgeordneten Will von ungezählten Beinaheunfällen und Raserei gerade am Wochenende und nachts zu berichten.
Emotionales Gespräch
In dem von Seiten der Hummeldorfer teilweise emotional geführten Gespräch mit dem Landespolitiker kam auch die potenzielle Gefährdung von Kindern in dem fraglichen Bereich zur Sprache. Gefährdet sind die Kinder - aber auch Besucher von Veranstaltungen im Dorfgemeinschaftshaus dann, wenn sie die nicht eben gering befahrene Straße überqueren müssen. Anwohner der südlichen Straßenseite müssen dies quasi zwangsläufig, wenn sie zu einer der auch von Schulbussen angefahrenen Haltestelle auf der nördlichen Straßenseite oder zum Dorfgemeinschaftshaus wollen. Über die Jahre hat es seitens des Landkreises und der Emsländischen Eisenbahn verschiedene Ausnaheregelungen für Schulkinder gegeben. Entweder wurden sie bis Ende des jüngst abgelaufenen Schuljahres während der Grundschulzeit auf Kosten des Kreises individuell per Taxibus transportiert. Für eine andere Familie wurde der vor etlichen Jahren aufgegebene südliche Radweg ausnahmsweise als Schulweg genehmigt, um ein Überqueren der Straße zu vermeiden. Aktuell gibt es nach Auskunft des Landkreises keine Ausnahmeregelungen. Das Argument der Verkehrskommission, dass es für die Ausweisung von Tempo 70 nicht genügend Unfälle gebe, wollen die Anlieger nicht akzeptieren und stellen die rhetorische Frage: „Muss es erst Tote geben, bevor sich etwas ändert?“
Verbitterung
Für Verbitterung bei den Hummeldorfern sorgt auch, dass sich die Situation in Rheine deutlich anders darstellt. Auf einem dortigen Streckenabschnitt derselben Straße, von dem wie in Hummeldorf etliche Grundstückszufahrten abgehen, herrscht Tempo 70. Und unmittelbar an der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen beginnt auch wieder der südliche Radweg.
In Rheine ist es anderes gelöst
Im benachbarten Bundesland darf die Kommune vor Ort derartige Entscheidungen eigenverantwortlich treffen, selbst wenn es sich wie in diesem Fall eigentlich um eine Landesstraße handelt. In Niedersachsen hingegen ist das eine Sache des Landes selbst. Auf Anfrage unserer Redaktion nennt eine Sprecherin der Stadt Rheine als Grund für das dortige Tempo 70 die zahlreichen Grundstückseinfahrten und den Publikumsverkehr eines Gasthauses.
Dunkelampel
Die Hummeldorfer möchten nun , dass eine vor etlichen Jahren zwischen dem Land Niedersachsen und der Gemeinde Salzbergen diskutierte Idee von ein bis zwei Dunkelampeln, die von Fußgängern per Knopfdruck im Bedarfsfall aktiviert werden, wieder auf den Tisch kommt. Deren Aufstellung war seinerzeit nach Aussage von Salzbergens Bürgermeister Andreas Kaiser daran gescheitert, dass das Land die Kosten in Höhe von ca. 70.00 Euro komplett auf die Gemeinde Salzbergen abwälzen wollte. Mit der Einrichtung einer Dunkelampel könnten die Verantwortlichen möglicherweise mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Laut Will ist die Einrichtung einer derartigen Ampel zwingend mit einer Reduzierung der Geschwindigkeit auf 70 km/h verbunden.
Eine andere Welt: Direkt an der Landesgrenze zur NRW bei Rheine beginnt ein Radweg. Bis vor gut einem Jahrzehnt führte der Weg in die andere Richtung weiter bis Salzbergen. Foto: Sven Lampe
Ortstermin: Der SPD-Landtagsabgeordnete Gerd Will (2.v.r.) lässt sich vom Hummeldorfer Gerd Wübbels (l.) und den Salzbergener SPD-Ratsherren Christian Otten (2.v.l.) und Detlev Walter (r.) die Situation an der L 39 erläutern. Foto: Sven Lampe