Lingener Tagespost, 18.10.2016
Autor: Gerd Schade
Meppen. Nach einem großen personellen Umbruch ist der neue emsländische Kreistag seit Montag handlungsfähig. Im Mittelpunkt der konstituierenden Sitzung im Kreishaus in Meppen standen Personalentscheidungen und Formalitäten. Gleich 31 von 66 Kreistagsabgeordneten sind neu dabei. Neue Vorsitzende ist Ulla Haar (CDU).
Die von CDU-Fraktionschef Bernd-Carsten Hiebing vorgeschlagene Lingenerin war als einzige Kandidatin ins Rennen gegangen. Sie wurde mit großer Mehrheit (59 Ja-, 6-Neinstimmen, 2 Enthaltungen) gewählt. Haar tritt in die Fußstapfen von Hermann Schweers (CDU, Walchum), der seine politische Laufbahn auf eigenen Wunsch beendet hatte. Zusammen mit 30 weiteren Kreistagsabgeordneten, die dem Gremium ebenfalls nicht mehr angehören, war Schweers vor einer Woche im Saal Hagen in Haren feierlich verabschiedet worden.
Über den Kreistagsvorsitz sowie auch über die Posten von Haars Stellvertretern und die ehrenamtlichen Stellvertreter von Landrat Reinhard Winter (CDU) wurde auf Antrag der SPD-Fraktionsvorsitzenden Karin Stief-Kreihe jeweils geheim abgestimmt.
Zu Haars Stellvertretern wählte der Kreistag Heinz-Joachim Schmitz (CDU, Neubörger, 56 Ja-, 7 Nein-Stimmen, 2 Enthaltungen) und Willi Jansen (SPD, Salzbergen, 60/6/1). Als ehrenamtliche Stellvertreter des Landrates fungieren künftig (in dieser Reihenfolge) die CDU-Abgeordneten Margret Berentzen (Haselünne, 61/5/1), Willfried Lübs (Werlte, 54/10/3) und Klaus Prekel (Freren, 59/7/1).
Haar dankte dem Kreistag für das Vertrauen. Diejenigen, die gegen sie gestimmt hätten, wolle sie in den kommenden Jahren gerne davon überzeugen, „dass sie mich ruhig hätten wählen können“. Sie betonte, dass die Kreistagsabgeordneten Vertreter für alle Menschen im Emsland seien und warb im Sinne einer lebendigen Demokratie für eine gesunde Streitkultur. Konflikte mögen „bitte immer über der Gürtellinie“ ausgetragen werden.
Bevor die neue Vorsitzende die Leitung der Sitzung übernahm, führte Günther Pletz (UWG, Jahrgang 1945) als Altersvorsitzender Regie. Diese Ehre hätte formal Hartmut Kröger (Jahrgang 1939) gebührt. Der AfD-Politiker habe jedoch aufgrund fehlender kommunalpolitischer Erfahrung auf die Aufgabe verzichtet, berichtete Landrat Winter. „Das ist verständlich und auch in Ordnung.“ Die AfD ist erstmals im Kreistag vertreten. „Dass ich mal Alterspräsident sein würde, hätte ich mir vor 20 Jahren auch nicht träumen lassen, als ich zum ersten Mal in den Kreistag gewählt wurde“, meinte Pletz. In seiner Rolle fühlte er sich offenbar wohl. „Dem gefällt es so gut, den kriegen wir hier nachher gar nicht mehr weg“, witzelte Winter.
Große Geschlossenheit
In seiner Begrüßung hatte der Landrat zuvor sachliche und ernsthafte Worte gewählt. „Mit der heutigen Kreistagssitzung schlagen wir ein neues Kapitel auf und schreiben das Auftragsbuch für die Politik und die künftige Entwicklung des Landkreises Emsland weiter fort“, sagte Winter. Die Schwerpunktthemen des „alten“ Kreistages würden auch die des „neuen“ sein. Als Aufgabenschwerpunkte nannte er unter anderem die Verbesserung und Instandhaltung von Infrastruktur, die Begleitung des demografischen Wandels, die medizinisch-pflegerische Versorgung inklusive Mobilität im Alter, Wirtschaftsförderung, Bildungschancen für alle, die Eingliederung von Flüchtlingen und den Breitbandausbau.
Winter betonte, dass der Kreistag in der Vergangenheit stets durch große Sachlichkeit, Seriosität und – bei den wirklich grundlegenden Themen – durch große Geschlossenheit überzeugt habe. Das Emsland habe sich nur deshalb so gut entwickeln können, weil der Kreistag immer die Belange der Emsländer im Blick gehabt habe. „Interessengeleitete Klientelpolitik oder staatstragende Wortbeiträge waren diesem Haus fremd und ich vertraue fest darauf, dass wir dies auch künftig so halten können“, so Winter.
Bei den Fachausschüssen gibt es eine Änderung. Zusätzlich geschaffen wurde der Ausschuss für Finanzen und Beteiligungen. Diese Bereiche waren bisher im Ausschuss für Kreisentwicklung angesiedelt. Dieser soll dadurch entlastet werden. Der neue Ausschuss umfasst damit künftig auch den Haushalt. Bei der Besetzung des Betriebsausschusses des Abfallwirtschaftsbetriebes entschied das Los zwischen Grünen und AfD zugunsten der Grünen.
In der Neufassung der Geschäftsordnung ist unter anderem geregelt, dass die Redezeiten in Kreistags- und Ausschusssitzungen auf fünf Minuten beschränkt bleiben. Winter sagte außerdem zu, „dass sich auch die Vertreter der Verwaltung, soweit möglich, auf Redebeiträge von maximal zehn Minuten beschränken werden. Ausnahmen sollen besonders wichtige Themen wie Haushaltsberatungen bilden.
Film- und Tonaufnahmen von Medienvertretern in öffentlichen Sitzungen sind künftig nur zulässig, soweit die Hauptsatzung dies bestimmt. Abgeordnete können demnach verlangen, dass die Aufnahme ihres Redebeitrages oder die Veröffentlichung der Aufnahme unterbleibt. Darüber soll der Kreistag in seiner Sitzung am 19. Dezember entscheiden.
Blumen für den stellvertretenden Kreistagspräsidenten Willi Jansen (rechts)